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Am Donnerstag, den 22. Mai 2014, fand im Rahmen der Subotron pro games Veranstaltungsreihe ein Vortrag mit dem Thema “Von der Geschäftsidee zum funktionierenden Geschäftsmodell” statt. Dr. Karoline Simonitsch, Expertin für digitale Innovationen, Social und Mobile Media Kommunikation, Veränderung der Medien und deren Nutzung sowie damit verbundenen Auswirkungen auf Geschäftsmodelle und Unternehmensstrategien, zeigte anhand des Business Model Canvas Konzeptes eine praxistaugliche und leicht umsetzbare Methode, die auf Basis eines übersichtlichen und strukturierten Vorgehens hilft, “Lücken” in bestehenden (Gründungs-)Überlegungen zu identifizieren. Wir haben im Anschluss den Vortrag für euch zusammengefasst.

Karoline Simonitsch ist seit vielen, vielen Jahren Unternehmensberaterin und hat viele Unternehmen bei der Gründung unterstützt, aber auch bei vielen gesehen, woran sie kranken oder sterben. Sie beschäftigt sich seit nunmehr 15 Jahren mit Geschäftsmodellen – vorwiegend Geschäftsmodellen, die mit Internet und digitalen Medien zu tun haben.

Was ist ein Business-Model? Ein Business-Model muss man sich vorstellen wie die DNA eines Körpers. Es besteht aus unterschiedlichen Teilen und jedes Geschäft hat untereinander zusammenwirkende Bereiche. Ein Geschäftsmodell zu entwickeln bedeutet die richtigen Dinge zu tun und nicht die Dinge richtig zu tun. Das Schwierige daran ist herauszufinden, was für mich das Richtige ist, was zu mir passt. Dafür gibt es einen Canvas, ein simples Kochrezept, der aus neun Teilen besteht. Dieser passt auch für jedes Geschäftsmodell und nicht nur speziell im Bereich Games.

Der Canvas ist ein Modell, der bei uns noch nicht Einzug gefunden hat und stammt aus den USA. Simonitsch empfiehlt, wenn man einen Investor oder Publisher sucht, einen ausgefüllten Canvas mitzubringen. Dazu wollen die österreichischen Banken dann natürlich noch den Business-Plan mit 30-60 Seiten. Dennoch empfiehlt Simonitsch, zuerst den Canvas zu machen und erst danach den Business-Plan zu schreiben.

Die erste wichtige Frage, mit der man immer anfangen sollte: Für wen mache ich das eigentlich? Wer ist mein Kunde, wer sind potenzielle Kunden, welche, von denen ich ansprechen möchte, sind die wichtigsten? Welche Anforderungen haben die Kunden, wie alt sind sie? Wie sind sie ausgestattet, wo leben sie? Was wird bei diesen Kunden bereits als state-of-the-art angesehen oder vorausgesetzt? Welche Kundengruppen stehen nicht im Fokus? Nicht vergessen: Der B2B Bereich kann auch sehr lukrativ sein.

Das Schwierigste, das auch in der Mitte des Canvas steht, ist die Value Proposition. Was ist also der Mehrwert, der Nutzen meines Produktes oder meines Angebotes für meine Kunden und den Konsumenten? Wie grenze ich mich vom existierenden Wettbewerb ab? Es bedarf einer umfassenden Marktanalyse. Simonitsch als Beraterin ist es schon öfter aufgefallen, dass dieser Bereich ausgeblendet wird oder sich die Leute zu wenig Zeit dafür nehmen. Wenn ich meinen Markt nicht kenne: Wie soll ich es verkaufen, wie soll ich mich von anderen abgrenzen und wie soll ich diese Uniqueness oder USP zusammenbringen?

Wenn ich jetzt weiß, was der Mehrwert von meinem Produkt ist, wie gelingt es mir dann, das zu kommunizieren? Die Lösung: Keep it short and simple. Niemand sieht sich eine Präsentation mit 5-10 Seiten an. Ein Pitch muss in ein paar Minuten rüber kommen. Wenn ich den Mehrwert nicht in max. 3-5 Sätzen kommunizieren kann, dann hat man ein Problem. Man sollte auch immer daran denken: Welches Kundenproblem kann ich mit meinem Produkt lösen? Auch Spaß kann ein Kundenproblem sein! Wenn man kein Kundenproblem lösen oder keinen Mehrwert formulieren kann, und das auch nicht in 3-5 Sätzen ausdrücken kann, dann wird man einem in Österreich wohlwollend zuhören, wenn man dann raus aus dem Land geht, wird das nichts werden. Gerade im Games-Bereich arbeitet man in einem Markt, in dem sich wahnsinnig viel tut. Die Zahl der New Releases auf Steam ist dramatisch. Man muss mit massivem Wettbewerb und Konkurrenten kämpfen. Man muss sich also unbedingt ansehen, was und wie man sich von anderen Angeboten abgrenzen kann.

Der nächste Punkt im Canvas Modell ist Vertrieb. Es gibt unterschiedliche Vertriebskanäle und Kommunikationswege, aber die erste wichtige Frage ist: Wie möchten meine Kunden beliefert werden? Im Gaming ist das natürlich meistens eine natürliche Sache. Wenn ich etwa für eine Konsole oder für das iPad etwas mache, ist das klar. Aber im gesamten restlichen Bereich gibt es digitale und herkömmliche Vertriebsmethoden. Manche Leute wollen zusätzlich auch noch etwas angreifen und in der Hand haben. Das kommt sogar eher wieder, dass man dafür bereit ist, dafür Geld zu bezahlen, um schöne, haptische Dinge in der Hand zu haben.

Der nächste Punkt ist: Wie wollen die Leute angesprochen werden? Kommunikation, Vertrieb und Marketing gehören eng zusammen. Man muss sich überlegen, dass das zusammen passt – diese drei Dinge sind immer im Dreiklang zu betrachten. Welche Lieferinfo-Kanäle passen am besten zu meinem Budget? Man muss darüber nachdenken, dass das notwendig ist und eingeplant gehört. Man muss sich darum kümmern, denn sonst gibt es tolle Produkte und niemand kennt sie.

Bezahlmöglichkeiten sind beim Thema Gaming relativ klar geregelt, bei anderen Produkten aber nicht so sehr. Es gibt nach wie vor sehr viele Menschen, die mit ganz klassischer Rechnung bezahlen wollen. Wie ist die Gewohnheit der Leute, wie sie bezahlen? Diese Zahlen findet man zum Glück gratis im Internet, man muss aber einplanen, das zu recherchieren.

Der nächste wichtige Bereich sind die Kundenbeziehungen, Costumer Relationship, als eigenes, spezielles Segment. Welche Intensität erwarten sich die Kunden. Das Community Management ist gerade im Games-Bereich ein großes Thema. Wenn man ein tolles Kunden- oder Fan-Management hat, wird das extrem helfen. Bei Unternehmen ist oft festzustellen, dass man sich zwar um Neukunden kümmert, aber die Stammkunden total vergisst. Spätestens hier müsste die Frage kommen, ob man das überhaupt mit eigenen Ressourcen schafft, bekomme ich das selbst auf die Reihe? Wenn man das selber nicht gut kann oder sich unsicher ist, zahlt es sich auch aus, Experten auf diesem Gebiet aufzusuchen.

Der nächste, ganz wesentliche Punkt im Canvas: Revenue Stream. Wie und womit verdiene ich? Was sind die Kunden bereit wofür zu bezahlen? Im Games-Bereich gibt es Bandbreiten, an denen man sich orientieren kann. Das Pricing-Thema ist sehr sensibel und schwierig. Wenn man den Markt kennt und weiß, was die Mitbewerber verrechnen und wie viel für ähnliche Produkte bezahlt wurde, ist das schon ein guter Einstieg. Dann wieder das Thema: Wie wollen die Leute zahlen? Einmalzahlung oder Abo-Modelle? Wenn man Abo-Modelle anbietet, muss man sich aber überlegen, warum Kunden ein Abo abschließen wollen.

Die Ressourcen sind ein riesen Thema. Welche Ressourcen brauche ich wirklich? Hier darf man nicht nur an die Technik denken. Es gehören auch dazu: Verträge, Rechtsanwalt, Lieferkanäle, Leute, die mir helfen, Marketing, welche anderen Marketingkanäle gibt es (z.B. Let’s Player), Hebel, um bekannter zu werden und ein nächstes Wachstumslevel zu erreichen. Viele ignorieren alternative Marketingkanäle wie YouTube. Man muss sich also überlegen, von wem man promotet werden will und in welche Magazine man reinkommen will. Eine Community schaut nicht nur mehr auf herkömmliche Journalisten. Wen braucht man für die Kundenbeziehungen, wen für PR und Vertrieb? Habe ich dafür überhaupt jemanden? Oft gibt es das Problem, dass Leute sich zusammen finden, die ein ähnliches Skillset und ähnliche Kernkompetenzen haben (wenn ein Spiel etwa aus einem Uni-Projekt hervor geht). Das Problem ist dann, dass nichts für PR, Vertrieb, Marketing übrig bleibt. Ohne dem geht es aber nicht. Entweder man schließt Kooperationen oder man sieht zu, dass man sich Leute mit diesen Skills ins Team holt. In Deutschland wird der Bereich Marketing/Vertrieb als wesentlich wichtiger eingestuft als bei uns. Man sollte in etwa ein Drittel des Budgets für Marketing und Vertrieb einberechnen. Die Frage ist also: Kauft man diese externen Ressourcen, mietet man sie, oder was macht man sonst? Wenn man mit jemandem kooperiert, muss dem ein Vertragswerk zugrunde liegen. Die WKO bietet auf der Webseite sehr gute Verträge an – zum Beispiel für Kooperationen -, die man sehr einfach umformulieren kann und auf seine eigene Situation anpassen kann. Es gibt auch kostenlose Rechtsberatung oder eine erste Steuerberatung. Vergessen darf man auch nicht, seine eigenen Ressourcen, seine Zeit einzurechnen – den eigenen Unternehmerlohn.

Die wichtigsten Aktivitäten: Bedenken muss man alle operativen, organisationalen Schritte und Tätigkeiten, auch Fristen und Vorgaben. Dann kann nicht passieren, dass man behördliche Anmeldungen oder ähnliches vergisst. Hat man auch rechtzeitig – bevor man launcht – begonnen, eine Community aufzubauen? Hier geht es also um Timing. Man muss checken, wann und bis wann was erledigt sein muss. Eine Visualisierung von den Key Activities ist wichtig, man sollte das nicht nur am PC haben, sondern etwa mit Post-Its an der Wand und einem Zeitstrahl, damit man es ständig sieht – das nennt man dann “Design Thinking”. Das Management und das Team: Wer im Team kann was? Wenn man die Aktivitäten definiert hat, muss man natürlich auch klären, wer das macht. Können das alle, wollen das überhaupt alle machen? Auch für Investoren, Geldgeber oder auch Fördergeber ist das Team immer wichtiger. “People, people, people”, so Simonitsch. Eine Geschäftsidee muss nicht 100% perfekt sein, wenn die richtigen Leute dahinter stehen. Man kann an Business-Ideen, an Produkten, an Games schrauben, aber nur die Menschen kann man nicht wirklich verändern. Die Leute investieren in Teams und immer stärker in Teams, in Persönlichkeiten und in Menschen. Man muss sich also darauf einstellen, dass man sichtbar sein sollte, dass man nahbar sein sollte und dass man bei einem Pitch schaut, wer man ist.

Der nächste Punkt: Rechte – Urheberrechte, Markenrechte, Lizenzrechte, geistiges Eigentum et cetera. Ohne Vertrag, ohne Regelung und ohne klare Vereinbarung sollte man nichts machen.

Partner und Lieferanten, Marketingpartner, Stammkunden und Journalisten-Kontakte sollte man alle pflegen wie Partner.

Die Kostenstruktur ist ein ganz wichtiger Punkt gegen Ende des Business Model Canvas. Wenn man die Schritte davor schon alle durchgedacht und durchdekliniert hat, dann tut man sich relativ leicht zu sagen, was etwas kostet. Ganz wichtig: Den laufenden Betrieb (Server, Internet, Telefon, Miete, …) darf man in der Kalkulation eines Business-Planes nicht vergessen!

Bereits in der Frühphase einer Projekt-Idee sollte man daran denken, wie man das Ganze finanziert und wie man zu Geld kommt.

Abschließend gab es noch ein paar Infos zum Thema Crowdfunding: Die Wirtschaftskammer Österreich hat heuer einen Leitfaden “Power of the Crowd” herausgebracht. Man soll auf keinen Fall den Aufwand unterschätzen, den ein Crowdfunding Projekt mit sich bringt. Das ist richtig, richtig viel Arbeit, das Geld liegt nicht einfach auf der Straße.

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Die abschließende Q+A Session (ab 1:15:53) sowie den gesamten Vortrag gibt es unter subotron.com/lectures_audio/140522_subotron_simonitsch.mp3 als MP3 zum Nachhören. Unter subotron.com/veranstaltung/geschaeftsmodell findet ihr die Slides zum Vortrag.

Fotos: Subotron