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Vergangenen Donnerstag war Jussi Immonen, Head of portfolio and business bei Rovio Stars, zu Gast bei den Subotron pro games. Wir waren mit dabei und haben den Vortrag für euch aufbereitet!

Jussi arbeitet seit einem Jahr bei Rovio und wurde angeheuert, um das Rovio Publishing-Programm aufzubauen. Seit 2001 ist er bereits in der Games-Industrie tätig.

Rovio

Rovio wurde bereits 2003 gegründet und Angry Birds war nicht das erste Spiel, sondern das 51. von dem Unternehmen. Angry Birds wurde 2009 gelauncht und seitdem gab es mehr als 2 Milliarden Downloads auf mobilen Devices. Das macht es zum meist-verbreiteten “digital Media”. Dieser Erfolg war die Grundlage für das Phänomen und Rovio wuchs sehr schnell – Rovio ist heute mehr ein Entertainment-Unternehmen als ein reines Spieleunternehmen mit 800 Mitarbeitern – davon arbeiten 350 im Games-Bereich. Das ganze Setup ist nun darauf ausgelegt, erfolgreiche Brands zu launchen. Es gibt kleine Büros in der ganzen Welt, aber ungefähr 600 der 800 Mitarbeiter befinden sich in Finnland.

2 Mrd. Downloads ist eine beachtliche Zahl, vor allem wenn man bedenkt, dass die ersten Angry Bird Spiele Premium-Titel waren und die Leute für den Download gezahlt haben. Die letzten Titel waren gratis, trotzdem wächst die Zahl der Downloads nicht mehr so stark. Im Dezember gab es rund 100 Millionen Downloads und etwa 250 Millionen MAUs (monatlich aktive User).

Rovio kann man grob in Consumer Products und Digital Entertainment aufteilen. Consumer Products beinhaltet viel Product-Licensing (mehr als 500 Licensing-Partner; Rovio vergibt nur die Lizenzen, produziert werden diese Dinge von anderen Herstellern). Im Digital Entertainment sind nach wie vor Games das größte Business, es gibt aber auch ein Streaming-Video Business, Angry Birds Toons und Rovio hat ein großes Animationsstudio. Digital Services mit mehr als 100 Mitarbeitern produziert alle Schlüssel-Komponenten, die nötig sind, um Free-to-Play Games zu entwickeln – dazu gehören etwa Back-End, Analaytics und so weiter. Rovio arbeitet derzeit an einem Feature-Film, der 2016 erscheinen soll.

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Rovio Stars Publishing

Rovio Stars wurde gestartet, um die Fanbase zu vergrößern. Rovio hat sehr viele Angry Bird-Fans, aber um das zu schaffen, braucht man verschiedene Gameplay-Genres. Außerdem scheint es im App-Store ein “discovery problem” zu geben: Sehr viele Spiele erscheinen jedes Jahr und wie soll man da sein Spiel marketen und promoten? Rovio dachte sich oft auf Messen, wenn sie coole Spiele sahen, die leider zu wenig Aufmerksamkeit bekommen haben, dass sie da helfen könnten und gleichzeitig würde das auch noch gut für ihre Fan-Base sein. Der Langzeitplan von Rovio Stars ist es, das nächste Angry Birds zu finden. Ein Spiel, das “crazy big” wird. Hier könnte Rovio dann mit ihren Consumer Products zusammenarbeiten, Animes dafür machen etc. – es gibts sehr viele Möglichkeiten, aber Rovio muss zuerst das Spiel finden, das diesen Massenmarkt erreicht.

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Vergangenes Jahr erschienen zwei Spiele von Rovio Stars: Tiny Thief und Juice Cubes. Im Sommer wurde Tiny Thief (von einem Studio in Barcelona) released – ein Mix aus Hidden Object und Adventure-Games. Rovio gefiel das Gameplay und der Grafikstil des Games und es war total auf Premium ausgelegt – es kostete 3 Dollar. Es war relativ erfolgreich mit rund einer halben Million bezahlter Downloads, aber Rovio dachte, dass da noch viel mehr in dem Spiel drin steckt, wenn es F2P gewesen wäre. Rovio hat aktiv mit dem Entwickler zusammengearbeitet und in der Weihnachtszeit passierten zwei große Dinge: Das Spiel erschien auf Steam (“pretty nice success over the holiday sales”) und sie haben es geschafft, dass das Spiel zwölf Tage in der Weihnachts-Promotion von Apple promotet wurde. Das Spiel wurde an einem Tag nach Weihnachten gratis hergegeben. Das ist die größte Promotion, die man im iOS-Store bekommen kann. Aber natürlich bekommt man kein Geld, wenn man das Spiel gratis her gibt. Rovio sah anhand der Statistiken, dass mehr als 20% der Spieler, die das Spiel gekauft haben, das Spiel durchgespielt haben. Im Spiel gibt es ein Hint-Book, das dem Spieler hilft, weiter zu kommen, sollten sie an einem Problem festhängen. Als Rovio das Spiel gesigned hat, wurden die ersten In-App-Purchases implementiert: Man konnte die Hinweise kaufen, weil man nur einen pro Tag gratis benutzen konnte. Das hat den Revenue signifikant “geboostet”. In den drei Tagen gab es mehr als sechs Millionen Downloads. Was man zusätzlich durch den Release von Tiny Thief in China festgestellt hat, war, dass es 1,5 Millionen Pirate-Downloads und nur sechs paid Downloads in der ersten Woche hatte. Das sollte irgendwie monetarisiert werden. Mit lokalen Partnern hat man dann begonnen, das zu nutzen. Die pirated Files wurden mit den korrekten ausgetauscht und somit gab es dort auch IAP. Diese oder kommende Woche wird die Free-to-Play Variante von Tiny Thief erhältlich sein.

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Das zweite Spiel war Juice Cubes. Es wurde im September in Australien und Neuseeland soft gelaunched. Rovio sah, dass es sich um ein “high quality” Game handelte und es sich in den Grossing Charts auch gut machte. Rovio kontaktierte den Entwickler, sie sagten jedoch, dass sie nicht mit Publishern zusammenarbeiten wollten, weil es in Australien und Neuseeland bereits so gut lief. Rovio konnte ihnen aber verdeutlichen, dass die Userbase viel schneller wachsen könne mit der Hilfe und den Ressourcen von Rovio. Das Gameplay ist nahe an Candy Crush Saga. Die Core-Gameplay Mechanik ist aber ganz anders. Seitdem Rovio mit dem Entwickler zusammenarbeitet steig die Rentention:  1 Day Retention 49%, 7 Day Retention 28%  und 30 Day Rentention 15%. Gemessen an der großen Player-Base ist das sehr gut. 1,5 Millionen DAUs (daily active users) – und die Facebook-Version erlaubt darüber hinaus sehr gute Viralität des Spiels. Nach dem Launch gab es in vier Monaten bereits sechs Updates mit neuen Levels et cetera. Im Spiel gab es zu einem bestimmten Punkt eine Paywall, wo man entweder zahlen oder drei Freunde zum Spielen einladen musste. Hier gab es einen “massive drop-off”. Rovio überlegte mit dem Entwickler, wie man diesen Churn los wird, ohne das Monetarisierungspotenzial zu verlieren, weil es sehr gut monetarisierte. Es wurde also eine “map piece lottery” implementiert, mit der man anstatt Freunde einzuladen 24 Stunden für ein Kartenstück suchen kann – damit kann man warten und durch dieses “gate” kommen. Auch Seasonal Promotions (z.B. für Weihnachten oder den Valentinstag) werden stark genutzt, was es ermöglichte, Teil von Promotions von Apple und Google zu sein. Zusätzlich gab es verschiedene Price-Drops und Promotions.

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Wie/was signt Rovio Stars?

Rovio Stars signt Spiele erst sehr spät oder erst, wenn man Soft-Launch Zahlen sieht. Wenn ein Spiel gesignt wird, dann arbeitet Rovio zusammen mit dem Entwickler, das Spiel zu perfektionieren. Sie stellen Producer und Art Director, die helfen, das Spiel fertig zu machen. Rovio hat UX- und Monetarisierungs-Experten, die beim Feintuning helfen. Außerdem macht Rovio viel Usability-Research und gibt dem Entwickler viel Feedback. Mit F2P-Games hilft Rovio den Entwicklern dabei, einen guten Soft-Launch zu machen und unterstützt mit Backend-Services, Testing-Ressourcen, um dann die Game-Economy vor dem Launch bis zur Perfektion zu balancen. Rovio übernimmt auch die “basic publisher” Aufgaben wie Quality Assurance, Lokalisation, Analytics und Tracking, Ad-Tracking Services, Store Submissions, Customer Support et cetera.

Der größte Part ist jedoch Marketing, PR und User Acquisition. Rovio Stars übernimmt alle Marketing-Aktivitäten und erstellt alle dafür nötigen Unterlagen, Trailer und hat sehr gute Connections zu Apple und Google. Es gibt auch ein großes Team, das sich mit User Acquisition beschäftigt und die Performance analysiert und optimiert. Cross-Promotion durch die bereits existierenden Fans ist einer der wichtigsten Faktoren für den Erfolg der Angry Birds-Reihe. Rovio hatte hier großen Erfolg. Wenn man zum Beispiel einen Level re-starten will, kommt man zurück auf einen Screen, der Cross-Promotion Werbung für andere Spiele enthält. Ein User erhält dadurch pro Session 14 Ads für andere Spiele aus Rovios Portfolio. Zusätzlich nutzt Rovio auch Fullscreen Pop-Ups, die sie üblicherweise aber nur am Anfang (also nahe des Releases) eines Spiels verwenden.

Distribution, Retention, How to get users

Wie kann man sein Spiel vertreiben? Der Schlüssel zum Erfolg sind aus Rovios Sicht “store driven downloads”. Um das zu erreichen, arbeitet man sehr eng mit Apple und Google zusammen, sie wollen deren Feedback hören – sie versuchen also, Apple und Google in die Projekte zu involvieren. Es ist sehr wichtig zu sehen, was die Kriterien der Stores sind und wenn man das dann liefert – oder sogar mehr – hat man gute Chancen auf Features. Viral Downloads sind in einer F2P Welt, wo man sich User kaufen kann, auch sehr wichtig. Wenn zum Beispiel ein User, den man kauft, einen zusätzlichen User gratis erzeugt, werden die User Acquisition Kosten um die Hälfte reduziert. Beim Spielemachen sollte man daher darauf achten, dass das Spiel eine bessere Erfahrung ist, wenn man es mit Freunden spielt und teilt.

Bei Rovio ist man sehr fleißig, was Marketing betrifft – bis hin zu sehr verrückten Dingen wie im Weltall Angry Birds spielen. Social Media ist ebenfalls sehr wichtig für Rovio – sie haben über 25 Millionen Facebook und Twitter Follower. Laut Jussi ebenfalls sehr wichtig sind “amazing gameplay videos, pro-active PR” und im Falle von Rovio kommen natürlich auch noch andere Dinge hinzu, wie zum Beispiel Partnerschaften mit Hasbro, die die Angry Birds IP als Brettspiele in Geschäfte gebracht haben. Paid Fan Aquisition, also das Kaufen von Usern außerhalb der eigenen Fanbase, ist auch wichtig. Die zugrundeliegende Basis-Rechnung ist: Virality Factor * Lifetimevalue of average user > cost per install. Das hört sich leicht an, aber an den Zahlen des letzten Jahres sieht man, dass nur wenige Spiele diese Gleichung geknackt haben. Das ist das Hot Topic in der Industrie, wie man das effizient schafft und was die besten Kanäle dafür sind. Im Moment sieht es aus, als wäre Facebook der beste Channel dafür – man bekommt die “best quality” User mit dem Preis, den man bezahlt. Aber diese Netzwerke tendieren dazu, sich in einem Kreislauf auszutauschen. Vielleicht ist Twitter der nächste – es gibt immer jemanden, der etwas anbietet, das effizienter und billiger ist.

Core Loop

Die Core Loop ist der Teil des Spiels, der wirklich Spaß machen und fesselnd sein soll. Potenzielle Rovio Stars Spiele müssen familientauglich sein, kein Sex, Drugs und Rock’n Roll. Wichtig ist für Rovio, dass die ersten fünf Minuten super sind. Anstatt langweiliger Tutorials ist es besser, gleich in die Action einzusteigen und das Gameplay auf andere Arten zu erklären. Im F2P-Bereich hat man nicht viel Zeit, einen User zu unterhalten, bevor er aus dem Spiel geht. Rovio Stars ist am meisten an Spielen mit interessanten Charakteren interessiert. Wenn es keine Charaktere gibt, ist es meistens schwierig, eine IP zu machen. Die Story ist ebenfalls wichtig, sie muss aber nicht so umfangreich wie Lord of the Rings oder die Bibel sein. Wenn allerdings nicht erklärt wird, warum jemand gegen wen oder wofür kämpft, ist es nicht gut. Background und Setting müssen sich organisch anfühlen. Farbenfrohe und visuell starke Spiele sind für Rovio Stars wichtig. Jedes Spiel, das sie signen, muss herausstechen und etwas Neues in die Welt des Gamens bringen, statt nur Kopien von Kopien zu sein.

Retention Game

Das Retention Game bringt Spieler dazu, zurück ins Spiel zu kommen – von Tag zu Tag, von Woche zu Woche oder von Monat zu Monat. Entwickler prototypen Spiele und müssen auch das Retention Game prototypen. Der alte Weg zu denken, ist, die Core Loop zu prototypen und erst danach das Retention Game. Das muss es aber von Anfang an geben, sonst endet man darin, eine gute Core Loop zu haben und dann versuchen zu müssen, das zu monetarisieren. Wenn man dann das Spiel entwickelt, sollte man es immer soft launchen und immer die Retention tracken, wie viele Sessions am Tag und dann von dem ausgehend starten, die Retention zu erhöhen. Das Retention Game ist der Kern des Erfolgs für ein Spiel.

Es gibt Retention Elemente, die nicht sehr Asset-lastig sind – im Gegensatz zu z.B. neuen Levels etc.: Appointment Mechanics (wenn man z.B. ein Schild einbaut, das 24 Stunden aufrecht ist und der Spieler danach wieder zurück ins Spiel kommen muss, um etwas zu tun), Social Play Elements, Super-Fan Game (wenn jemand so an das Spiel gefesselt ist, dass das Spiel mehr zu einem Hobby wird, dann ist das ein Super-Fan oder auch Whale. Diese Leute muss man gut behandeln und pay to win vermeiden. Gilden und Ligen sind zum Beispiel gute Wege, Super-Fans zu bekommen. Ohne Social Elemente hat man quasi keine Chance, ein Super-Fan Game zu schaffen).

Monetarisierung

Man sollte sein Spiel komplett gratis spielbar machen – ohne Pay Walls, dass auch die free Players eine gute Chance haben, das Spiel zu genießen. First Purchases sind oft Durables, Usables oder Dinge, die einem Zeit sparen – und nach einem ersten Kauf sind Spieler normalwerweise mehr ans Spiel gefesselt und geben leichter erneut Geld aus – in vielen Spielen gibt es etwa Double Coiners oder z.B. in Clash of Clans die Gems, mit denen man einen weiteren Builder kauft. Aber man muss die Leute (mit Marketing) auch dazu bewegen, den ersten Euro auszugeben; die reine Implementierung reicht nicht aus. Und wichtig: Man soll es ermöglichen, hundert Euro und mehr auszugeben.

Zusammenfassung

Rovio Stars sucht nach Spielen, die zu ihren Fans passen, die interessante Charaktere mit IP-Potenzial haben, die eine interessante Geschichte haben, die wirklich Spaß machen, die einen süchtig machen, die “awesome visuals” haben, die Innovationen im Gameplay haben, die Retention- und Monetarisierungspotenzial haben.

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Im Anschluss an den Vortrag gab es noch eine kleine Q+A Runde, die ihr euch – genau wie den gesamten Vortrag – hier als Audio-Mitschnitt anhören könnt: subotron.com/lectures_audio/140306_subotron_immonen.mp3